Roboter mit Bauchgefühl: Algorithmischer Handel

Auch wenn uns die klassische Ökonomie etwas anderes lehrt – Menschen entscheiden irrational. Der im Vergleich zum Kiosk drei Mal so teure Kaffee bei Starbucks mag mit Aroma und Ambiente erklärbar sein. Bei Investitionsentscheidungen gilt das aber nicht. Und Fehler kommen hier wesentlich teurer als der Preis eines guten Kaffees. Deshalb nutzen nicht nur Profis die Vorteile des automatisierten Handels.

Robo-Advisors verhelfen privaten Anlegern beispielsweise bei der Fonds-Anlage zu optimalen Entscheidungen, passend zum jeweiligen Risikoprofil. Software wie Bitcoin Profit verspricht Rendite durch den automatisierten Handel mit der gleichnamigen Krypto-Währung.

Wissen und Erfahrung, in Algorithmen verschlüsselt

Mehr als die Hälfte des Umsatzes im Börsenhandel läuft nach Schätzungen des unabhängigen Beratungsunternehmens Aite Group und der Auskunft der Börsen selbst über automatisierten Handel. International ist die Bezeichnung Algorithmic Trading geläufig, denn Algorithmen bestimmen über die Kauf- und Verkaufs-Entscheidungen. Sie werden in vielen Fällen ohne menschliche Bestätigung und damit auch ohne Zeitverzug in Order umgesetzt.

Je mehr Kompetenz in die Programmierung der Algorithmen einfließt, je besser die Entscheidungsparameter in der Software umgesetzt sind, desto besser werden die Ergebnisse des algorithmischen Handelns gegenüber einer vom Menschen getroffenen Entscheidung sein. Simple Wenn-dann-Funktionen sind dafür nicht ausreichend, können sogar zu gefährlichen Abwärtsspiralen führen. Das zeigte der Börsencrash im Oktober 1987. Obwohl automatisiertes Handeln noch in den Kinderschuhen steckte, führten fallende Aktienkurse dazu, dass die Computer immer weitere Verkaufs-Aufträge platzierten und die Kurse dadurch in atemberaubendem Tempo abstürzten.

Aus solchen Erfahrungen haben die Aufsichtsbehörden gelernt. In den USA führt der Kursverlust einer Aktie um mehr als 10 % jetzt automatisch zu einem Aussetzen des Handels. In Deutschland regelt das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) besondere Kennzeichnungspflichten für den automatisierten Handel gegenüber dem Handelsplatz und der Finanzaufsicht.

Chancen und Risiken abwägen

Wer als privater Anleger mit dem Gedanken spielt, Robo-Advisors, Krypto-Roboter und ähnliche Instrumente einzusetzen, sollte sich der Risiken bewusst sein. Eine mit Daten in Echtzeit gefütterte Software ist in der Lage, Marktentwicklungen schneller zu erkennen, als ein Mensch das könnte. Sie nutzt dafür Frühindikatoren, auf die der Nutzer selbst vielleicht gar nicht geachtet hätte. Außerdem trifft sie daraus abgeleitete Entscheidungen rational und ohne zu zögern. Eine Software, die hellsehen kann, ist aber noch nicht erfunden und wird wohl auch nie existieren.

Die Corona-Krise trifft auch von Robo-Advisors gemanagte Portfolios – einfach deshalb, weil ein Absturz der Börsen in diesem Tempo nicht vorauszusehen war und es noch zu Höchstständen der Indizes kam, als sich die Pandemie längst ausbreitete. Für einen Verkauf zu diesem Zeitpunkt gab es keine Gründe, die üblichen Risiko-Kennzahlen waren unauffällig. Was die Roboter aber vielfach geschafft haben, war ein Abmildern der Verluste. Panikverkäufe zum ungünstigsten Zeitpunkt, wie ein Mensch sie vielleicht veranlasst hätte, konnten die Algorithmen verhindern.

Bild: Bigstockphoto.com / LexxIam