Barrierefreie Appentwicklung für Menschen mit Behinderungen

Apps begleiten uns durch den Alltag, erleichtern uns die Kommunikation, das Bestellen von Waren, die Inanspruchnahme von Dienstleistungen wie beispielsweise den Kauf einer Fahrkarte. Sie zeigen uns den Weg und überwachen unsere Fitness. Als gesunder Smartphone-Nutzer denkt man kaum darüber nach, ob die Nutzung einer App auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen möglich ist.

Dabei könnten gerade sie manchmal vom Zugang zu Informationen, Dienstleistungen und Unterhaltung besonders profitieren. Barrierefreie App Entwicklung für Menschen mit Behinderungen ist ein wichtiger Schritt zur Inklusion. Das ist nicht nur im Sinne der Nutzer. Auch der Entwickler hat Interesse an Reichweite und (wirtschaftlichem) Erfolg seiner Applikation.

Beispiel Sehbehinderung: Integration von Screenreadern

Ein wichtiger Aspekt der Barrierefreiheit ist die Integration von Screenreadern. Screenreader sind Programme, die den Inhalt eines Bildschirms vorlesen oder in Braille-Schrift (Blindenschrift) umwandeln. Sie werden vor allem von Menschen mit Sehbehinderungen genutzt, aber auch von Menschen mit Lernschwierigkeiten oder kognitiven Einschränkungen. Um eine mobile Anwendung für Screenreader zugänglich zu machen, müssen App-Entwickler einige Richtlinien beachten:

  • Die App sollte eine klare und logische Struktur haben, die es dem Nutzer ermöglicht, sich zu orientieren und einfach zu navigieren.
  • Die App sollte alle visuellen Elemente mit Text beschreiben, der vom Screenreader vorgelesen werden kann. Visuelle Elemente sind insbesondere Bilder, Symbole, Buttons und grafische Menüs.
  • Die App sollte alle interaktiven Elemente wie Eingabefelder, Schalter und Slider mit einem Label versehen, das ihre Funktion erklärt.
  • Die App sollte dem Nutzer neben der optischen Rückmeldung noch auf andere Weise Feedback geben, wenn eine Aktion ausgeführt wird oder sich ein Status ändert. Feedback kann zum Beispiel durch akustische oder haptische Signale und Sprachausgaben gegeben werden.

Beispiel Motorik: Nutzung von Voice User Interfaces

Eine andere Möglichkeit, Barrierefreiheit herzustellen, ist die Nutzung von Voice User Interfaces (VUI). VUI sind Schnittstellen, die es dem Nutzer ermöglichen, mit einer App durch Sprache zu interagieren. Sie werden vor allem von Menschen mit motorischen Einschränkungen oder fehlenden Gliedmaßen genutzt, aber auch von Menschen, die ihre Hände nicht frei haben (etwa wegen Nutzung einer Gehhilfe) oder die eine visuelle Überlastung vermeiden wollen. Wie beim Screenreader verlangt auch die barrierefreie Appentwicklung mit einem VUI nach einige Voraussetzungen, die das Anwenderprogramm erfüllen muss:

  • Die App sollte eine natürliche Sprache verwenden, die dem Nutzer vertraut ist und seine Erwartungen erfüllt. B1-Language nach dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen kennzeichnet die Mittelstufe der selbstständigen Sprachanwendung und wird von einer Mehrzahl der Muttersprachler verstanden. Je nach Zielgruppe der App können aber auch sogenannte einfache Sprache (ohne festes Regelwerk) oder leichte Sprache (mit festen Regeln, entwickelt für Menschen mit geistiger Behinderung) das angemessene Niveau sein.
  • Die App sollte dem Nutzer klare und kurze Anweisungen geben, wie er mit der App sprechen kann und welche Spracheingaben verstanden werden. Auch hierbei ist das gewählte Sprachniveau einzuhalten.
  • Die App sollte dem Nutzer optisches oder akustisches Feedback geben, ob seine Spracheingabe erkannt oder nicht erkannt wurde.
  • Die App sollte dem Nutzer die Möglichkeit geben, eine Spracheingabe zu korrigieren oder abzubrechen, falls er einen Fehler macht oder seine Meinung ändert.

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